IG Metall Celle-Lüneburg
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16.04.2024, 14:04 Uhr

Kritik an Geschäftsführung für den Umgang mit Beschäftigten und Betriebsrat

Viel Ärger bei Delta in Celle

  • 09.06.2020
  • cb
  • Aktuelles

Celle. Das Arbeitsgericht in Celle hat erneut einem Mitglied des Betriebsrates der Celler Firma Delta Systemtechnik GmbH Recht gegeben und dem Beschäftigten einen Anspruch auf sofortige Weiterbeschäftigung zugestanden. Der Arbeitgeber hat den Kollegen trotzdem "vorerst" wieder nachhause geschickt. Auch gibt es erhebliche Unruhe im Betrieb wegen der Versuche des Arbeitgebers mitten, in der Krise Beschäftigte zur Aufhebung ihrer Arbeitsverhältnisse zu drängen.

Am Rande dieses Warnstreiks nahmen die Prozesse ihren Anfang. Foto: IG Metall

Zum Hintergrund: Am 15. November 2019 kam es im Zuge der Tarifauseinandersetzung bei Delta zu einem ersten Warnstreik. Eine Stunde nach diesem Streik wurde ein Mitglied des Betriebsrates, welches sich in seiner Eigenschaft als Mitglied der IG Metall in führender Rolle an den Streikmaßnahmen beteiligt hatte, von der Arbeit freigestellt und beim Betriebsrat die Zustimmung zur Entlassung des Kollegen beantragt. Der Vorwurf lautete Diskriminierung und Beleidigung einer Kollegin. Da der Betriebsrat die Zustimmung nicht erteilte, hatte der Arbeitgeber versucht, sich diese beim zuständigen Arbeitsgericht in Celle ersetzen zu lassen und war dort in erster Instanz krachend gescheitert. Zum einen konnten keine Beweise vorgetragen werden, zum anderen reichten nicht einmal die Vorwürfe für eine fristlose Kündigung laut Urteil des Gerichtes. Da der Arbeitgeber trotz dieser Niederlage nicht bereit war, das Betriebsratsmitglied wieder an seinen Arbeitsplatz zu lassen, musste mit dem Rechtschutz der IG Metall ein Antrag an das Arbeitsgericht auf Weiterbeschäftigung gestellt werden. Bei einem ersten Prozesstermin erschien der Arbeitgeber einfach nicht, so dass das Gericht ein Säumnisurteil zugunsten des Kollegen aussprach. Ein Einspruch hiergegen seitens des Arbeitgebers wurde 14 Tage später, am vergangenen Mittwoch verhandelt. Erneut erschien der Arbeitgeber nicht, jedoch sein Anwalt. Dieser hatte aber nichts Entscheidendes vorzubringen und somit blieb es bei dem Urteil. Am gestrigen Montag nun hat der Kollege morgens in der Firma seine Arbeitskraft angeboten, im Vertrauen darauf, mit einem Urteil im Rücken nun auch wieder beschäftigt zu werden. Allerdings wurde ihm mitgeteilt, dass sein Arbeitsplatz noch „nicht fertig“ sei. Nun soll er erst am 15. Juni wieder erscheinen.

Hierzu erklärt Hans Braul, Rechtsanwalt des Betriebsrates: „Offensichtlich verfolgt der Arbeitgeber mit dieser Verzögerungstaktik das Ziel meinen Mandanten mürbe zu machen. Anders lässt sich auch gar nicht erklären, dass der Arbeitgeber Termine einfach ignoriert“.

Lennard Aldag von der IG Metall Celle-Lüneburg ergänzt hierzu: „Die zeitliche Nähe von Warnstreik und beabsichtigter Kündigung sowie die gesamte Prozessführung lassen nur einen Schluss zu: Hier soll ein Exempel an einem engagierten Betriebsrat und überzeugtem Gewerkschafter statuiert werden. Einen realen Hintergrund für die gemachten Vorwürfe scheint es gar nicht zu geben, für mich wirkt das alles konstruiert."

Zudem sei die Stimmung laut IG Metall im Betrieb zurzeit vollkommen im Keller und das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Geschäftsführung geradezu vergiftet. Grund hierfür sei die weitere Weigerung, über einen Tarifvertrag zu verhandeln, vor allem aber der Versuch, einzelne Beschäftigte zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes zu drängen.

„Viele Kolleginnen und Kollegen berichten davon, dass ihnen ein Aufhebungsvertragsangebot gemacht wurde. Im Zuge dieser Gespräche sei gleichzeitig eine Drohkulisse aufgebaut worden nach dem Motto „Sonst finden wir andere Gründe dich hier wegzubekommen“. Das ist ein völlig inakzeptables Verhalten,“ sagt Lennard Aldag weiter.
Die IG Metall geht davon aus, dass der Arbeitgeber versucht, sich im Windschatten der Corona Krise von Beschäftigten zu trennen, um nach überstandener Krise andere wieder einzustellen. Das sei „hire and fire“ nach amerikanischem Vorbild. Hierzu passe auch, dass der Arbeitgeber sich seit Wochen weigere, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abzuschließen bzw. solch einen Abschluss immer weiter verzögere und somit die Sicherung aller Arbeitsplätze bewusst torpediere.

„Das kritisieren wir scharf. Wer so mit seinen Beschäftigten umgeht, handelt vollkommen verantwortungslos! Wir fordern den Arbeitgeber auf, mit dem Betriebsrat endlich eine Regelung zur Kurzarbeit mit inklusiver Beschäftigungssicherung abzuschließen und die Kolleginnen und Kollegen ab sofort nicht mehr unter Druck zu setzen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben“, so Aldag.

Die IG Metall und ihre Mitglieder hätten zudem verantwortungsvoll in der Krise gehandelt, indem sie die Forderung nach einem Tarifvertrag vorübergehend zurückgestellt hatten. „Damit ist jetzt mit Sicherheit Schluss. In der nächsten Woche treffen sich die Mitglieder der IG Metall wieder, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen“, sagt Aldag.


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